Zwei Frauen durch Stoff miteinander verschlungen, die Gesichter scheinen durch den dünnen Stoff hervor.

 

ASTRID KIRSTEN

In Anna Lena Straubes Werkreihe Kiss your Nightmares erscheint jedes Werk wie eine Momentaufnahme, ein Blick in die Welt der miteinander performenden Frauen. 

Ihren Impulsen folgend, erschufen vier Tänzerinnen das Bildmaterial für diesen Malzyklus, Anna Lena Straube setzte die Fotografien der Performance malerisch um. Besonders ist der Ort der Performance: die Geschichte der Berliner Schönholzer Heide ist geprägt von Zerstörung und Neuaufbau. In der Kunst erinnert nichts an die Historie des Ortes, doch die kultivierte Natur war bereits ein ehemaliger Friedhof der so genannten Berliner Bombenopfer.

Beim Betreten der Ausstellung geben die zahlreichen, großformatigen Bilder ein fast immersives Gefühl. Bildsujets wiederholen sich, geben jedoch immer verschiedene Einblicke in die Traumwelt. Die Bilder spielen mit Widersprüchen. Auf der einen Seite erscheinen die Frauen friedlich im Gras liegend mit geschlossenen Augen, die bunten Farbspritzer wirken wie bunte Blumen. Doch ich denke, die Höhepunkte der Reihe sind die unerwarteten Gegensätze. Interessant sind die Widersprüche, weil sie durch die traumhafte Kulisse besonders fehl am Platz wirken. Wenn die Performerinnen sich bewegen und anstatt eleganten und zarten Bewegungen entgleiste Gesichtszüge zeigen, ihre Körper wild und verdreht scheinen. 

Das obere Bild der zwei Frauen, die mit dem Stoff verschlungen sind, nimmt diesen Gegensatz auf eine direkte Art auf. Die linke Frau in hellen Farben mit geschlossenen Augen weisen auf einen Traumzustand hin. Dazu direkt gegenüber im Gegensatz: die zweite Frau versucht, an dem Stoff zu ziehen. Möchte sie die andere Frau aus ihrer Traumwelt befreien? Auch scheint ihr Gesichtsausdruck konzentriert, oder fast schon finster. Die Farbflecken wirken vor der farblos gemalten Frau nicht mehr wie Blüten, es könnte sogar der Eindruck von Blutspritzern entstehen. Straubes Werke leben vom Gegensatz, aber auch dem Wechselspiel zwischen Paradiesischem und menschlichen Abgründen, zwei Ebenen, die ohne die andere nicht existieren könnten. 

Die Ausstellung ist bis zum 1.11.2023 in der zweiten Etage zu sehen, kommt gerne vorbei und erschafft euch einen eigenen Eindruck von der (Alb)traumwelt in „Kiss your Nightmares“.