YIXUAN WANG

Als ich die zweite Etage des Museums betrat, hatte ich das Gefühl, in eine entspannte Welt einzutreten, in der ich nicht viel nachdenken musste und in der das, was meine Augen sahen, etwas sehr Reines und Schönes war.

Ja, das ist die neueste Ausstellung im Frauenmuseum — Kunst Verrückt – Kunst aus der Psychiatrie. Sie zeigt Werke von psychisch kranken Menschen und Arbeiten der Bonner Künstlerin Ruth Tauchert, die sich zeichnerisch mit Exponaten im Psychiatrie-Museum der Klinik befasst hat.

Am faszinierendsten finde ich die beiden farbenfrohen Werke an der ersten Wand, wenn man den Eingangsbereich betritt. Hätte ich den Kontext nicht gekannt, hätte ich vielleicht gedacht, dass es sich um zwei Meisterwerke der Moderne handelt. Das Werk auf der linken Seite erinnert mich zunächst an Picassos dreidimensionale geometrische Porträts, aber die leuchtenden Farben und sanften Pinselstriche verdeutlichen ihren kleinen Unterschied. Der   Künstler oder die Künstlerin – das bleibt unklar – hat das Gesicht in zwei Teile geteilt. Ich denke, der Künstler/die Künstlerin versucht vielleicht, eine andere Variante von sich selbst auszudrücken. Die linke Gesichtshälfte ist hell und rund, mit weit aufgerissenen und leuchtenden Augen und einer großen, runden Errötung. Diese Hälfte des Gesichts ist voller Frohsinn.

 Das Gesicht auf der rechten Seite ist etwas dunkler, kantiger und geometrischer, mit einem scheuen, leicht geschlossenen Auge und einem leicht nach oben gezogenen Mund; vielleicht wollte der Künstler einen schüchternen und ausweichenden Zustand der Figur vermitteln. Das Porträt ist von rhythmischen Linien, Fragmenten und Spritzspuren umgeben, die sowohl an einen Wald als auch an ein unbekanntes Universum erinnern, das die ideale und sichere Welt des Künstlers sein könnte.

 

Das Werk auf der rechten Seite zieht mich sofort in sein farbenfrohes und rhythmisches, musikalisches Universum, in dem sich mehrere Planeten verschiedener Formen und Farben auf einem grauen Hintergrund kreuzen, mit dekorativen Punkten und Linien, die scheinbar Noten und Notenlinien sind, oder die lebenden Wesen auf diesen Planeten. Für mich ist das ganze Bild sehr lebendig und anschaulich. Die beiden Werke scheinen miteinander verbunden zu sein, sie pulsieren gemeinsam und ziehen mich mit hinein.

Vielleicht werden diese Patient*innen oft so wahrgenommen, als seien sie in ihre eigene Welt eingetaucht, unfähig oder nicht in der Lage, richtig zu kommunizieren, wie Menschen von einem fernen Planeten; aber der Moment, in dem sie einen Pinsel in die Hand nehmen, ist der Moment, in dem sie sich uns gegenüber ausdrücken und uns in ihre Welt führen. Sie bringen ihre Emotionen auf eine ungeschliffene Weise ins Bild, und danach zum Betrachter.

Die Ausstellung zum 140. Geburtstag der LVR-Klinik läuft bis zum 12.09.2022. Kommen Sie und entdecken Sie eine Welt wie keine andere!